Warum wir Räume zur Reaktivierung weiblicher Qualitäten brauchen
- schmidc
- vor 4 Tagen
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Aktualisiert: vor 2 Tagen

In einer Welt, die sich rasend schnell verändert und in der Geschlechterrollen neu definiert werden, kann man sich schon die Frage stellen, ob weibliche oder männliche Attribute überhaupt noch eine Relevanz haben.
Ich meine: „Ja! Mehr denn je.“
In diesem Blogbeitrag möchte ich darstellen, warum es für uns überlebenswichtig sein könnte, dass wir uns wieder an die weiblichen Qualitäten erinnern, sie neu erwecken – und sie in unser Leben integrieren, und was Mädchenkreise zur Förderung der Frauenkraft beitragen können.
Jenseits von Stereotypen: Das weibliche und das männliche Prinzip
Wenn ich von „weiblich“ und „männlich“ spreche, meine ich nicht in erster Linie die biologischen Geschlechter – und schon gar nicht veraltete Rollenbilder. Ich beziehe mich auf uralte Prinzipien, die seit Jahrtausenden in verschiedenen Kulturen bekannt sind – wie das Yin und Yang im Taoismus, Shakti und Shiva im Hinduismus oder Anima und Animus in der Psychologie nach C.G. Jung.
Diese Prinzipien sind Energien, die in jedem Menschen – unabhängig vom Geschlecht – lebendig sind und sich auch in der Natur auf vielfältige Weise zeigen: in Sonne und Mond, Wasser und Feuer, Berg und Tal, Samen und Frucht. Jede und jeder von uns trägt beide Seiten in sich. Es geht nicht darum, sich für eine zu entscheiden, sondern darum, sie in Balance zu bringen.
Welche Qualitäten steuern dich im Leben?
Denk einen Moment darüber nach, wie du zurzeit deinen beruflichen und privaten Alltag bewältigst. Welche Aspekte aus den zwei folgenden Auflistungen bestimmen dein Leben hauptsächlich und wie geht es dir damit?
Weibliche Qualitäten | Männliche Qualitäten |
---|---|
Ich lasse Dinge um mich geschehen und nehme auf | Ich packe Vieles an und bin ständig in Aktion |
Ich behalte verschiedene Aspekte gleichzeitig im Blick | Ich komme schnell auf den Punkt |
Ich nehme mir Zeit für Prozesse und halte den Raum | Ich wirke viel nach aussen und zeige mich |
Ich schaue nach innen und geniesse Stille und Ruhe | Meine Ziele sind klar und ich steuere diese direkt an |
Ich höre auf mein Bauchgefühl und handle intuitiv | Ich wäge Argumente ab und entscheide mit dem Kopf |
Ich lebe im Hier und Jetzt und bei Veränderungen kann ich gut mitgehen | Ich plane voraus und hake meine To Do Listen ab |
Ich kann loslassen und vertrauen | Ich kontrolliere einiges und schaffe Ordnung |
Ich bewahre Harmonie und spreche Schwieriges achtsam an | Konflikte spreche ich direkt an |
Ich suche Verbindung und erlebe gerne gemeinsam | Unabhängigkeit ist mir wichtig und ich gehe meinen Weg |
Ich kann Schwierigkeiten geduldig und entspannt aushalten | Wenn es Probleme gibt, suche ich nach Lösungen |
Ich bin flexibel und kann mich anpassen wie das Wasser im Bergbach | Ich bin stark und standhaft, ein Fels in der Brandung |
Ich sehe das grosse Ganze und verbinde einzelne Teile miteinander | Ich setze mich durch und gewinne gerne |
Ich höre zu und nehme andere Perspektiven ein | Um Dinge zu verstehen, nehme ich sie auseinander |
Ich bleibe im Leben verwurzelt und verkörpere meine Werte | Ich möchte Weiterkommen im Leben und über mich hinauswachsen |
Ich bewahre und stärke das, was bereits da ist | Ich verändere viel und stosse Dinge an |
Vermutlich geht es dir wie den meisten: In unserer Welt dominieren männlich geprägte Werte wie Leistung, Kontrolle und Wachstum die Gesellschaft, und oft auch unsere persönlichen Vorstellungen von Erfolg. Diese Einseitigkeit bringt nicht nur das Ökosystem der Erde in Schieflage und unser Wirtschaftssystem an den Anschlag, sondern hinterlässt auch Spuren bei uns, weil sie in Stress, Erschöpfung und Burnout münden kann.
Weibliche Qualitäten wie Bewahren, Verbinden, Innehalten und Integrieren finden kaum Raum und Zeit in unserem Leben. Das zyklische Wissen um den natürlichen Prozess von Entstehen, Kreieren, Ernten und Ruhen ist uns weitgehend abhanden gekommen. Wird es uns gelingen, die männlichen und die weiblichen Energien wieder ins Gleichgewicht zu bringen und wenn ja, wie?
Auf der Suche nach weiblichen Entfaltungsräumen
Die gute Nachricht: Überall auf der Welt entstehen immer mehr Orte, an denen mit weiblichen Qualitäten experimentiert, geübt, gearbeitet – und gefeiert wird. Vier Beispiele in denen ich mich selbst engagiere, stelle ich hier vor und natürlich gibt es noch viele, viele mehr.
Die Inner Development Goals Initiative bildet in ihrem Framework weibliche und männliche Qualitäten gleichwertig ab, für eine nachhaltigere Welt.
Und Pioneers of Change aus Österreich stellen mit Woman re.member ein Programm zur Verfügung, das erfahrbar macht, wie weibliche Führung für das Leben gelingen kann.
Internationale Projekte wie der World Woman Summit von PocketProject geben grossartigen Frauen, die sich weltweit engagieren, eine Stimme.
Ausserdem spriessen überall Frauenkreise wie Frühlingsblumen aus dem Boden, die an eine alte Tradition des Austauschs, der gegenseitigen Stärkung und des gemeinsamen Wachsens anknüpfen.

Diese Felder laden uns ein, wieder mit unserer inneren Stimme in Kontakt zu kommen – ohne Leistungsdruck, ohne Vergleich. Sie öffnen Räume, in denen Zuhören, Spüren und echtes Miteinander möglich wird.
Diese Netzwerke bestehend aus vielen Frauen (und Männern) – sind der kraftvolle Rückhalt, den wir brauchen, um weibliche Qualitäten in Vereine, Schulen, Arbeitsplätze, politische Ämter und Familien einzubringen. Dafür braucht es Vorbilder und wir brauchen einander.
Mädchenkreise – eine neue Generation von Anfang an stärken
Was wir als Erwachsene gerade mühsam wiederentdecken, soll für die nächste Generation ganz selbstverständlich werden. Aus diesem Wunsch heraus hat Anita MaHoiko Vögeli 2018 die Mädchenkreise ins Leben gerufen und Anfang 2025 den Verein Mädchenkreise mit zurzeit 50 Mitgliedern gegründet.
Die Frauen im Verein erforschen und leben das Miteinander in weiblicher Energie gleich selbst: Co-Kreation, Entstehen lassen, Loslassen, gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit mit Freude, Leichtigkeit und Authentizität. All das fliesst direkt durch die Leiterinnen in die Mädchenkreise ein, die sich in der ganzen Schweiz, aber auch in Österreich und Deutschland immer zahlreicher entfalten.
Die Wirkung des weiblichen Prinzips
Wie sähe denn die Welt aus, wenn wir der weiblichen Kraft mehr Platz einräumen?
In Schulen würde neben dem logischen Denken, Kreativität und Einfühlungsvermögen stärker gefördert. Kinder müssten nicht mehr nur auf Noten zu achten, sondern dürften auf ihre innere Stimme hören, ihren Interessen nachgehen und ihre ureigenen Talente entfalten.
Unternehmen könnten Entscheidungen nicht nur nach Zahlen, Zielen und Strategien treffen, sondern mit Blick auf Beziehungen und Nachhaltigkeit. Meetings wären Orte des offenen Austauschs anstelle des Wettbewerbs um die beste Idee und der Selbstprofilierung.
In der Politik würde die Zusammenarbeit gestärkt, statt die dauernde Konfrontation. Probleme würden nicht isoliert, sondern in ihrem Zusammenhang betrachtet und das Zuhören und Verstehen könnte dem Konkurrenzkampf den Rang ablaufen.
Im Umgang mit unserer Umwelt würden wir nicht nur fragen „Was bringt es uns?“ und «Was können wir für die Natur tun?» sondern wir würden uns selbst wieder als Teil der Natur erkennen und die Auswirkungen auf das Gesamte sehen und verstehen.
Lasst uns voneinander und miteinander lernen

Welche Orte kennst du, zur Entfaltung deiner weiblichen Fähigkeiten?
Schreibe sie gerne unten in den Kommentar, damit wir uns gegenseitig inspirieren und zu den passenden Plätzen führen können.
Ich bin gespannt!
Claudia Schmid
Autodidaktische Brückenbauerin, Wandelforschende und Narrativ-Changerin
Fotos im Blog by MaHoiko
Die Natur ist eine weibliche Kraftoase. Das Zusammenkommen und Zusammensein mit Frauen, welche gerne in die Tiefe schauen.
Wow so schön geschrieben, sehr inspirierend! Frauenkreise 🩷
Und Naturdialog🩷
Liebe Claudia
Wow, was für eine Inspirationsquelle…danke für dein Geschenk in Form eines Blogs. Er hat mein inneres kleines Feuer zum Lodern gebracht.
Grazie mille❤️