Im Laufe unseres Lebens gibt es unzählige Prozesse und Phasen des Wandels. Und es gibt ein paar spezielle Phasen des Wandels, welche wirklich jeder Mensch durchläuft, jedes Geschlechts, jeder Herkunft.
1. Da ist die Geburt! Das Ankommen hier auf Erden (hier sind die Erinnerungen eher im Unterbewusstsein als im Bewusstsein verankert)
2. Da ist die Autonomiephase (auch Trotzalter genannt - zwischen 1.5 und 5 Jahren)! Hier löst sich das Kind aus der Symbiose mit uns, erkennt, dass es eine eigenständige Persönlichkeit hat mit einem eigenen Willen, eigenen Bedürfnissen, Gedanken und Gefühlen. Hier zeigt sich das Finden der Balance von Verbindung und Freiheit intensiv beim Kind. Dies kann Zuhause für heftige Gefühle auf allen Seiten führen und auch zu Machtkämpfen. Bis gemeinsam ein Weg der Kooperation gefunden wird und der optimalen Begleitung von Gefühlen.
3. Die Adoleszenz (auch Pubertät genannt - zwischen 11 und 23 Jahren)! Hier ist ein grosser Prozess der ICH-Findung, der Individualität. In dieser Wandelphase gilt es zu spüren, wer bin ich? Was bin ich? Was sind meine Werte? Was ist meine Meinung? Meine Haltung? Diese Phase bedingt auch, dass die Werte der Eltern in Frage gestellt werden. Dass eigene Wege gegangen werden können. Auch hier wird das Tauziehen der beiden Grundbedürfnisse Verbundenheit & Freiheit wieder arg strapaziert und das Mädchen, der Junge strapaziert den Pendel gerne mal massiv in eine Richtung. Dazu wird auch das Hirn nochmals massiv umgebaut, neue Hormone werden ausgeschüttet, der Körper ist im Wandel. So vieles geschieht. Auch beginnen die Jugendlichen die Verbindung mehr mit Gleichaltrigen, in Peer-Gruppen zu suchen anstatt bei den Eltern.
4. Mutter & Vater werden! Wer Mutter oder Vater wird, durchläuft hier auch eine der grossen Wandelphasen im Leben.
5. Eintritt in die weisen Jahre! Bei der Frau wird hier gerne von den Wechseljahren gesprochen, beim Mann hören wir auch gerne Begriffe wie Midlife Crisis oder dann die Krise, wenn sie pensioniert werden. Egal wie es genannt wird, es geht darum, in die weisen Jahre zu kommen.
Natürlich gibt es noch viele weitere Phasen des Wandels. Und ja, das Alter dieser Phasen ist bei Allen unterschiedlich. Lassen Menschen die Phase des Mutter und Vater werdens aus, dann bin ich mir sicher, dass statt dessen eine andere grosse Phase des Wandels dort ansteht. Dies sind die wirklich grossen, bekannten Phasen eines jeden Lebens.
Was geschieht von Aussen betrachtet während allen Phasen des Wandels und in Prozessen?
Jeder Wandel / Prozess durchläuft 4 Stufen!
Die Stufe 1:
Beschreibt mich zu beginn des Wandels, davor. Ich weiss was ich bin, was ich mag, wer ich bin, was mir wichtig ist, wer meine Freunde sind und mehr. Wenn nun der Wandel beginnt, dann weiss ich auf einmal vieles davon nicht mehr.
Die Stufe 2: Ich habe keine Ahnung mehr, wer ich bin, was ich mag, was mir wichtig ist, wen ich treffen mag, was ich gerade brauche. Da können sich ganz viele Gefühle an die Oberfläche drängen. Trauer, viel Trauer, die dazu da ist mit dem Alten abzuschliessen, Dinge loszulassen. Ärger und Wut, welche helfen zu überprüfen, was sich für mich stimmig anfühlt und was nicht. Wo ich eine Grenze setzen darf und für Veränderung einstehen. Schuld- und Schamgefühle welche mich dazu anhalten zu überprüfen, ob mein Verhalten passend und gewünscht ist, ob ich damit meine Zugehörigkeit zu einer Gruppe und Gemeinschaft sichern kann oder diese mit dem Verhalten verliere. Ängste, kleine und grosse Ängste. Sie halten mich zum Innehalten an. Bin ich dem Neuen gewachsen? Was kommt auf mich zu? Will ich das? Gehöre ich dann noch dazu? Bin ich dann trotzdem frei? Verliere ich damit mich selbst? Kann ich das? Und vieles mehr. Wird diese Phase bewusst und intensiv durchlebt, dann uff, ist die schon ganz schön herausfordernd. Sich selbst so nicht mehr zu spüren und zu kennen - wer mag das schon? Ich kann also auch sehr gut nachvollziehen, dass hier viele in den Widerstand kommen und generell gegen den Wandel ankämpfen, ihn nicht haben wollen. Das kann soweit gehen, dass ein junger Mensch z.B. zu hungern beginnt, sich selbst ablehnt oder sich aus dem Hier und jetzt, aus seinem Körper sehnt und nach dem Himmel Ausschau haltet. Die Stufe 3: Hier wurde schon ein grosser Teil des Wandels durchlebt. Nun kommt so ein vor- und zurück pendeln. Da lebe ich in Momenten die neue Qualität, die neuen Haltungen, Meinungen, Ideen und bin im Vorwärtsgang. Doch dann gibts da auch die Momente, da bin ich wieder im alten Ich Zuhause, mit den alten Meinungen, suche den sicheren Hafen, das bisher Bekannte, das Gewohnte, die Komfort Zone. Bei Jugendlichen ist das ganz deutlich zu spüren, wenn sie wieder mehr Kuscheleinheiten brauchen, die alten Spiele nochmals aufleben lassen und dann auf einmal wieder nichts hören uns sehen wollen und auf Distanz gehen. Die Stufe 4: Bei dieser letzten Stufe des Wandels habe ich quasi das Neue zum Alten integriert. Ich habe einen neuen Mantel dazu gewonnen, meinen Erfahrungs- und Wissensschatz erweitert, verändert. Ich habe Dinge losgelassen und zurück gelassen, die ich nicht mehr brauche. Ich habe Dinge gewandelt. Ich habe Neues in mein Leben eingeladen und fühle mich jetzt sicher und lebendig damit. Meine Komfort Zone hat sich ausgedehnt, ich selbst habe mich ausgedehnt und nehme wieder bewusst meinen Raum und Platz ein. Die Gefühle sind weitgehend stabil, ich weiss wer ich bin und was ich will.
Intensiv oder? Wow, ich bin jedes Mal wieder so beeindruckt, was wir Menschen in einem Wandel für intensive Phasen durchlaufen. Und so viele Menschen haben den Anspruch an sich selbst, dass solche Phasen locker, gelassen und spurlos an ihnen vorbei ziehen. Sie möchten diese gar nicht bewusst spüren und wundern sich dann, wenn sich irgendwelche Krankheiten, Symptome oder Sonstiges bemerkbar macht.
In der Adoleszenz, in der Phase vom Mädchen zur Frau, kommt richtig viel zusammen. Und dies ist nicht nur für die Mädchen herausfordernd und phasenweise echt anstrengend. Nein, auch für die Eltern und die Geschwister kann dies sehr anstrengend sein. Dieses Wechselbad der Gefühle, des sich selber nicht spüren, mal dies mal das mitzutragen, mitzuhalten, zu begleiten, das erfordert wirklich viel von Eltern. Mit gegangen, mit gehangen... Das Mädchen gestaltet unser Zuhause mit, unsere Räume überschneiden sich, so auch jeweils die Stimmungslagen und Verhaltensweisen jedes Familienmitglieds. Es kann ein grosser Akt sein, hier die Verbindung aufrecht zu halten und eben doch den so nötigen Freiraum zur Eigenentwicklung zu gewähren. Verständnis für all die Gefühle, Gedanken und Reaktionen des Gegenübers zu haben. Und ihm so oft es geh aus dem Herzen und der Liebe zu begegnen.
"Liebe mich dann am meisten, wenn ich es am wenigsten verdient habe." (Zitat von Erich Fromm)
Dieses Zitat ist für mich sinnbildlich, was von Eltern in dieser Zeit am meisten gebraucht wird. Und ja, es dürfen und sollen auch Leitplanken gesetzt werden. Das Hirn ist ja im Umbau, da braucht es manchmal das Hirn und die Vernunft von uns Eltern 😅. Doch dazu kann ich gerne sonst mal etwas schreiben.
Und da kann dann ja auch noch der eigene Prozess des Wandels mit hinein spielen. Vielleicht ist der Papa genau dann in einer Midlife Crisis. Vielleicht ist die Mama gerade in den Wechseljahren. Die Paarbeziehung der Eltern erfährt Veränderung, da die Kinder vermehrt im Aussen orientiert sind. Da entsteht vielleicht bei der Mama viel leerer Raum, Orientierungslosigkeit, Einsamkeit, Angst vor dem was kommt und mehr. Auch dieser Prozess darf Platz und Raum haben, gewürdigt und gesehen werden. Ja und so prallen genau in dieser Phase in vielen Familien gleich mehrere Prozesse aufeinander. Reibungen und Konflikte sind also vorprogrammiert, wichtig, notwendig und gut so.
Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie sagte stets "Es kann auch alles ganz anders sein". Ich mag das so sehr, denn genau so ist es. Diese Phase kann auch ganz easy, locker und leicht vorbei ziehen. Und auch das ist gut. So ist eben jeder Mensch, jedes Familiensystem individuell und Du und Deine Liebsten, Ihr seid genau so richtig, wie Ihr gerade seid. Fühl Dich mit Allem was gerade ist gesehen, wertgeschätzt und respektiert!
Die Erläuterungen dieses Prozesses, so psychologisch betrachtet mögen Dir hoffentlich Anstoss geben um für Dich, Dein Mädchen und Deine Liebsten ganz viel Kraft, Liebe und Balance aufzubringen. Bleib dran, es lohnt sich. Und gönne Dir viele Auftankmöglichkeiten für Dich, nimm Dir Erzähl und Austausch Räume für Dich, so dass Du all das halten magst.
Von Herzen Céline